Haushaltsrede der ABL 2024/2025

Themenfeld Stadtentwicklung

Keine Frage: Lange Zeit profitierte die Große Kreisstadt Achern von der Substanz einer gewachsenen, gesellschaftlich-sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Balance zwischen der Kernstadt, Oberachern und den sieben Teilgemeinden. Doch da bahnt sich seit einigen Jahren ein kontinuierlicher und tiefgreifender Wandlungsprozess an. Gesellschaft, Wirtschaft und insbesondere auch in der Folge das Stadtbild sind im Umbruch! Die bekannte Gesetzmäßigkeit: fff= form follows function!

Wie ein roter Faden durchzog das Megathema „Stadtentwicklung“ in seinen verschiedenen Facetten die Diskussion und Entscheidungen der vier anberaumten Haushaltberatungen. Im Nachgang zu diesen erlauben wir uns die aus unserer Sicht wichtigsten Positionen gesondert darzustellen.

  1. Wir begrüßen ausdrücklich die Installation von budget-gestützten Haushalts-posten, um hier der Verwaltung im Klein-Klein der Bau- und Sanierungsmaßnahmen den notwendigen operativen Freiraum zu gewährleisten.
  2. wir haben bewusst auch die eine oder andere dörfliche Initiative zum Erhalt und Förderung eines identitätsstiftenden Dorfbilds unterstützt. Das Thema „Neues Dorfzentrum Önsbach“ haben wir in dieser Anfangsphase mitgetragen, wohl wis-send, dass im weiteren Verlauf die vier Eckpunkte, – Verwendung altes Rathaus, betreutes Wohnen, Dorfplatz/Ortsverwaltung und Einkaufsmarkt/Post – sowohl bezüglich der Finanzen, der Funktionalität als auch in der städtebaulichen Gestaltung/Einbindung – ausschließlich dem gemeinnützigen Ziel unterzuordnen sind.
  3. Das Rathaus im Dorf lassen! Die Aufwendungen für eine sichtbare, funktionale und architektonische Repräsentanz der Ortsverwaltungen halten wir für unerlässlich. Auch Kita, Grundschulen, Dorfhalle, Vereinsheime, Feuerwehr und sprichwörtlich zuletzt die Dorffriedhöfe, sind unverzichtbare Garanten einer sozialen und nachhaltigen Dorfgemeinschaft.
  4. Am zentralen Rathausplatz/Marktplatz müssen noch die notwendigen „Knöpfe“ am Gesamtwerk klug hinzugefügt werden. Wir denken hier an die Sonnensegel, bewegliches Grün und erweiterte Sitz- und Spielmöglichkeiten. Trotzdem wird der Abriss und Neubau der benachbarten Sparkasse das unmittelbare Umfeld für die nächsten 1 ½ Jahre stark tangieren.
  5. Die architektonisch – stadtbildfördernden Bemühungen müssen administrativ durch die dringend notwendige Neuaufstellung des „Stadtmarketings“ bzw. „Achern Aktiv“ ergänzt werden. Der Dienstag- und Samstagmarkt ist die verlässliche, hoch geschätzte Anlaufstelle. Zusätzliche Sonderveranstaltungen wie Bauern-märkte, Weihnachtsmarkt, Mobilitätsschau und die verkaufsoffenen Sonntage sind für die Geschäftswelt und für die zahlreich erscheinenden Besucher eine wichtige Win-Win-Situation.
  6. Thema Geschäftswelt: Mittel und langfristig ist deutlich absehbar, dass der Bestand des innerstädtischen Handels und Gewerbe sich dabei ist, sich grundlegend zu verändern. Trendmäßig wird sich der bisherige Mix aus Gewerbe, Wohnen und Handel mehr in Richtung zentrumnahes Wohnen, Arbeits- und Aufenthaltskultur bewegen. Also – mehr Grün und Wasser, mehr ansprechende individuelle Architektur, die Achern eine eigene Identität verleiht. Keine unbedachte Abrisseuphorie mehr, keine uniformen Wohnschachteln, keine grauen Geschäftsstraßen. Mit einem Satz: Liebe zum Detail und Möglichkeiten zum sozialen Miteinander.
  7. Ein großes Pfund der Innenstadt ist unser „Central-Park“, der Stadtgarten. Als belebter Aufenthaltsort und grüne Lunge. Hier gilt es, die Zugänge attraktiv zu gestalten und den Park und die Nutzung konzeptionell weiter zu entwickeln.
  8. Der Südeingang mit der Fautenbacher Straße und seine noch offenen Flächen im Bereich der Glashütte, werden städtebaulich und verkehrstechnisch noch eine große Herausforderung darstellen. Da die Umgehungsstraße „Nordtangente“ nur eingeschränkt Entlastung für die südliche Ein- und Ausfahrt bringen wird, liegt der Fokus eindeutig in der verkehrstechnischen Lösung auf diesem staugeplagten Abschnitt. Im Gegensatz dazu sehen wir gegenwärtig überhaupt keinen Anlass, das Projekt „Lammbrücke“ auf die Schnelle in Angriff zu nehmen. Aktuell haben wir weder Geld noch die planerischen Ressourcen für einen Bereich, der bisher seine Grundfunktion „Parken“ kostengünstig leistet und zudem wir klugerweise erst einmal das aufmerksam verfolgen sollten, was sich an innerstädtischen Geschäftsstrukturen verändert. Noch eins: Das „Weinbrennerhaus“ gehört nicht in Investorenhand, sondern ist aus unserer tiefen Überzeugung sozial-kulturelle Vorrangs- und Optionsfläche.
  9. Richtig: Innenstadtbelebung durch soziale Projekte und Objekte. So wie die Illenau von den sozialen Einrichtungen (Ämter, Illenau-Werkstätten usw.) profitiert, wird in der Oberstadt mit der Unterstützung der Stadt ein umfangreiches, ehrenamtliches Engagement – aus Kleiderladen, Fahrradwerkstatt, Geschirrladen und barrierefreie Begegnungsmöglichkeit – zum Tragen kommen. Hier wird ver-sucht, den gesellschaftlichen Wandel durch eine gemeinschaftsfördernde Initiative abzufedern. Statt Neben und Auseinander besser Achern Miteinander!
  10. Apropos Unten und Oben: Die volle Wucht des gesellschaftlichen Auseinander-driftens zeigt sich überdeutlich am sozialen Zentralthema der Stadtentwicklung, der Schaffung von „preisgünstigem Wohnraum“.

Die Haushaltsberatungen hierzu waren eine einzige Absage, Verdrängung und Enttäuschung. Große Kreisstadt Achern, Mehrheitsentscheidung: Zusammen 0,5 Mio. € in zwei Jahren für preisgünstiges Wohnen. Das entspricht gerade mal einem Drittel des Kostenansatzes für ein Stück Radweg zwischen Litzloch und Großweier. Kleiner geht’s kaum für eine elementare Herausforderung, die bei der OB- und Bürgermeisterwahl noch stark thematisiert wurde.

Achselzucken, weiterwurschteln, resignieren. Nein, dazu ist uns das Thema viel zu wichtig. Wir lassen da nicht locker und kündigen heute schon an, dass wir im Frühsommer, nach der Gemeinderatswahl, ein umfangreiches Positions-, Diskussions- und Antragspapier zu diesem völlig ungelösten Top-Problem einbringen werden.