Zeichen des Neuanfangs

Von Roland Spether

Achern-Großweier. Die letzten Schaufeln Erde auf das Pflanzloch der jungen Eiche neben der sterbenden Eiche zwischen Großweier und Achern sind aufgetragen. Gärtnermeister Eberhard Dinger sichert den Stamm fachgerecht: Neues Leben in dem historischen Eichen-Wäldchen ist gesetzt. Es folgt ein kurzes Innehalten im Kreise der Baumpflanzer von der Acherner Bürger Liste (ABL) und im Beisein von Bürgermeister Dietmar Stiefel. Gabriele Hoggenmüller teilt einen Gedanken des Theologen und Autors Pierre Stutz zur „Spirituellen Weisheit der Bäume“, die mit Blick auf die uralte, nun kranke und sterbende Eiche nicht treffender hätten sein können: „Ich verweile im Augen-Blick, lasse mich vom Baum berühren, von seiner Lebensweisheit und ich danke ihm für sein Mitsein“, so ein Gedanke von Pierre Stutz, der von Lebensweisheit der Bäume überzeugt ist. Deshalb ist es für die ABL-Mitglieder um die Vorsitzenden Manfred Nock und Gabriele Hoggenmüller sowie den Initiator Eberhard Dinger eminent wichtig, neben der alten Stieleiche eine neue zu pflanzen. Eine weitere setzt die Stadt auf der anderen Seite neben dem sterbenden Naturdenkmal. 

Neben der sterbenden Stieleiche pflanzt die ABL eine neue Eiche der gleichen Art, die als Zukunftsbaum mit der politischen Arbeit mitwachsen soll.    Foto: Roland Spether

Der Baum war morsch, er brach unter der Last seiner schweren Äste zusammen. Auch ein Blitzschlag hatte der einst stolzen Eiche mit geradezu perfektem Wuchs arg zugesetzt. Deshalb war die Nachricht vom Sterben der Eiche für viele Bürger ein sehr trauriges, emotionales Ereignis. Viele Spaziergänger machten hier eine Pause, um im Schatten der Eiche etwas auszuruhen. Viele Kinder sind über die Jahrhunderte hinweg fröhlich um die Eiche gesprungen und wollten ihren dicken Stamm umarmen. Bauern legten nach dem schweren Tagwerk auf den Äckern eine Rast ein. Liebespaare trafen sich heimlich unter der mächtigen Eiche, küssten sich und träumten vor sich hin.

Diese Geschichten hat die alte Eiche zwar nicht „erzählt“, aber wer wie der von Gabriele Hoggenmüller zitierte spirituelle Lehrer Pierre Stutz eine besondere Nähe zu Bäumen hat, ein guter Freund der Natur und einfühlsamer Liebhaber der Schöpfung ist, der weiß, welche Qualitäten Bäume haben, welche Symbolik sie über Jahrtausende hinweg verkörpern und welche magische Anziehungskraft sie gerade an so zentralen Wegen wie der zwischen Großweier und Achern haben.

Deshalb müssen an diesem Baum direkt am Mühlbach unzählige Menschen vorbeigekommen sein und hier auch angehalten haben. Die Eiche war von einem prächtigen Wuchs, sie war weithin sichtbar und sie zeigte sich im Jahreslauf immer wieder von einer anderen Seite. In ihrem prächtigen Sommerkleid ist die Eiche dann auch 1980 den Bürgern der neu gegründeten Acherner Bürger Liste besonders aufgefallen, sie wurde fotografiert und mit dem Slogan „Achern bleibt lebenswert“ (ABL) zum Ursymbol der neu formierten Bürgerliste.

Das Plakat von damals hat Peter Huber zur Pflanzung mitgebracht, auch alle anderen bis zu den Kommunalwahlen 2019, auf denen immer wieder mit neuen grafischen Akzenten die Eiche zu sehen war. Deshalb erhielt der Baum auch den Namen „ABL-Eiche“, der jetzt gleich zwei Nachkömmlinge hat.